Sicherheit, der Schein trügt

Sicherheit ist wichtig, darum meiden viele Menschen die Börse wie der Teufel das Weihwasser. Sie sparen via Sparkonto oder einem anderen Gefäss mit wenig oder keinem Zins. Dies meist mit der Begründung, dass ihnen Sicherheit wichtiger sei als Rendite.

100%ige Sicherheit gibt es nicht. Sie ist eine Illusion, welche viele dazu verleitet, gar keine bewussten Risiken mehr einzugehen. Ein Bankkonto, auch wenn es durch eine Einlagensicherung (in der Schweiz bis 100‘000 CHF) gesichert ist, ist nicht zu 100% sicher. Was aber mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit sicher ist, ist dass das Geld bei null Zinsen auf dem Sparkonto in 30 Jahren durch die Inflation weniger Wert sein wird als heute. Sprich, die Kaufkraft des Geldes nimmt ab.

Risiken

Ich persönlich tendiere mehr dazu, Risiken bewusst wahrzunehmen und einzugehen, als Risiken zu verdrängen und sie dann mangels Alternativen unbewusst einzugehen.

Mein Vater ist genau so ein Mensch, der vordergründig meint keine Risiken eizugehen, obwohl diese latent sehr wohl vorhanden sind. Er sieht auch immer zuerst die Verlustmöglichkeiten und nicht die Gewinnmöglichkeiten. Aus meiner Sicht steht er stellvertretend für viele Bürger in der Schweiz und wahrscheinlich auch in Deutschland oder Österreich.

Als ich ihm das erste Mal von meinem bevorstehenden Immobilienkauf erzählte, meinte er sofort «aber was machst du, wenn die Zinsen steigen?». Als ich ihm sagte, dass ich eine langfristige Hypothek aufnehmen kann, bei welcher der Zins für eine lange Zeit fixiert ist, folgte sogleich der nächste Satz mit «aber was machst du, wenn…?». Unser Gespräch ging dann gefühlt ewig so weiter… auf jede Erklärung bzw. Antwort von meiner Seite folgte die nächste Frage mit «was machst du, wenn…?». Am Schluss sagte ich ihm, dass es keine 100%ige Sicherheit gibt, dass ich die Immobilie in jedem erdenklichen Fall behalten kann. Es kann Entwicklungen geben, bei welchen ich nicht mehr in der Lage sein könnte, um meinen finanziellen Pflichten nachzukommen. Klar müsste ich die Immobilie im schlimmsten Fall verkaufen, aber ausser Geld und vielleicht ein wenig von meinem Stolz würde ich dabei nichts verlieren. Dasselbe gilt schliesslich auch für jeden Mieter bzw. jede Mieterin. Wenn die Miete nicht mehr bezahlt werden kann, muss die Wohnung auch aufgegeben werden, wenn auch diese Variante mit weniger Aufwand und finanziellem Risiko verbunden ist.

Vermögensaufbau ohne Risiken gibt es nicht

So eine ähnliche Diskussion hatten wir auch schon mal, als ich ihm vor Jahren meine Art des Vermögensaufbaus näherbringen wollte. Er meinte dann immer «aber du kannst alles verlieren!». Dies sagte er mit so einer Bestimmtheit, als wäre es im Vorhinein absolut sicher, dass ich das Geld verlieren würde. Ich habe ihm dann versucht mitzuteilen, dass es wohl möglich sei 100% zu verlieren, aber sehr unwahrscheinlich und dass es auf der anderen Seite unbegrenzte Gewinnmöglichkeiten gibt. Zudem habe ich ihm die Studie der Bank Pictet gezeigt, in welcher aufgezeigt wird, dass der Schweizer Aktienmarkt in den letzten 72 Jahren nominal mit durchschnittlich 8.6% rentiert hat. Daraufhin meinte er nur, dass wäre ihm trotzdem zu heiss.

Einige Zeit nach dieser Diskussion unternahm ich einen weiteren Versuch, es ihm auf eine andere Weise zu erklären. Auch auf diesen Versuch erntete ich nur ein «das ist mir zu heiss, ich spare auf dem Sparkonto!» Genau diese ignorierende oder ablehnende Einstellung zu bewussten Risiken hält wohl viele Menschen davon ab, einen schönen Ruhestand ohne Geldsorgen zu geniessen. Grundsätzlich finde ich es nicht schlimm, wenn Menschen bewusst nicht investieren wollen. Es ist einfach schade, eine solche einfache Möglichkeit auszuschlagen, um als Normalsterblicher an der wirtschaftlichen Entwicklung unserer Gesellschaft teilzuhaben.

Chancen höher gewichten

Im Leben ist absolut nichts 100%ig sicher, ausser vielleicht der Tod und dass man Steuern zahlen muss. Obwohl ich mir beim Tod nicht mal mehr 100%ig sicher bin. 😉 Aber wer beim Vermögensaufbau bewusst geringe Risiken eingeht, kann viel gewinnen und seine Chancen auf einen schönen Lebensabend massiv erhöhen.

Aus meiner Sicht ist genau das der Punkt, auf den man sich fokussieren sollte. Man muss versuchen, die Chancen zu seinen Gunsten zu vergrössern. Das schafft man nicht, indem man seine Augen vor bewussten bzw. latenten Risiken verschliesst. Das schafft man nur, wenn man sich der Risiken bewusst ist und versucht, diese so gut wie möglich zu mitigieren. Daher steht für mich ausser Frage, dass man sich am wirtschaftlichen Erfolg der Gesellschaft beteiligen sollte, um so ein kleines Stück vom Kuchen ab zubekommt. Für die meisten Menschen reicht ein sehr kleines Stück vom Kuchen, um einen sehr komfortablen Lebensabend verbringen zu können. Daher sehe ich die aktuelle Krise wiederum eher als Chance, um günstig einzusteigen und ein ansehnliches Vermögen aufzubauen.