Warum ich bei AT&T die Reissleine gezogen habe

Ich weiss was jetzt kommt… Die Frage, wie ich als Langzeitinvestor aus einer Aktie wie AT&T ausstiegen konnte? Aber jetzt alles der Reihe nach.

Warum bin ich bei AT&T überhaupt eingestiegen?

AT&T war im Jahre 2015 für mich immer noch eine Ikone der amerikanischen Wirtschaftsgeschichte. 1885 gegründet und durch viele verschiedene Phasen mit Kartellverfahren, Abspaltungen und Zusammenschlüssen wurde um 2005 mehr oder weniger das heutige Unternehmen geschaffen.

AT&T war zur Zeit meines Einstiegs ein sogenannter Dividenden-Aristokrat. Dividenden-Aristokraten sind Unternehmen, welche die folgenden 3 Kriterien erfüllen: sie weisen eine Marktkapitalisierung von mindestens 3 Milliarden US-Dollar auf, erhöhen jedes Jahr ihre Ausschüttung (Dividenden) und zahlen seit 25 Jahren eine Dividende.

Dieser Aristokraten-Status und die ikonische Vergangenheit verleiteten mich, um in AT&T zu investieren. Ehrlich gesagt, habe ich mich damals nicht weiter mit den Finanzen, Marktstellung und Strategie der Firma auseinandergesetzt. Ich habe mich blind darauf verlassen, dass eine so etablierte Firma sicherlich weiterhin gut geführt und die Dividenden weiterhin steigern wird.

Warum der Ausstieg?

Die kurze Antwort auf diese Frage ist, dass ich trotz der hohen Dividende, welche AT&T über die Jahre ausgeschüttet hat, durchschnittlich 3,8% pro Jahr verloren habe. Und diese Zahl ist nicht mal um die Inflation bereinigt. AT&T ist kein Dividenden-Aristokrat mehr, da die Dividenden nach dem Spin-Off von Time Warner gekürzt werden musste. Natürlich habe ich auch Aktien aus dem Spin-Off erhalten. Diese betrachte ich als Sonderdividende, da ich aktuell kein Interesse am Halten von Aktien eines Streaming-Anbieters mit sehr hohen Schulden habe. Diese Sonderdividende mit eingerechnet habe ich unter dem Strich trotzdem jedes Jahr Geld verloren.

Nach der kompletten Anlagezeit habe ich gesamthaft rund einen Fünftel meines in AT&T investierten Kapitals verloren.

Was sind die Gründe?

Nach der Übernahme von Direct TV im Jahre 2014 begann das Management langsam, aber sicher mit seinen grössenwahnsinnigen Plänen. Die Integration von Direct TV gelang mehr schlecht als recht und wurde nie zum Zugpferd des Konzerns, welches es hätte werden sollen. Leider folgte 4 Jahre später die nächste Fehlentscheidung und AT&T fusionierte mit Time Warner. Die Fusion führte zu riesigen Schulden, welche fortan auf der «neuen» AT&T lasteten. Nur gerade 3 Jahre später wurde Time Warner wieder aus dem Konzern abgespalten und mit Discovery zusammengeschlossen. Kurz gesagt, seit 2014 ist bei AT&T ausser Spesen nichts gewesen. Aus meiner Sicht ist es hauptsächlich auf ein absolutes Missmanagement der Chefetage zurückzuführen.

Warum erst jetzt der Verkauf?

Nun denn, das ist ja alles Schnee von gestern, also warum entschied ich mich erst nach so langer Zeit zum Verkauf? Gute Frage… Wahrscheinlich machte ich den Fehler, welchen Investoren leider häufiger machen, sie bauen eine emotionale Bindung zu ihren Aktien auf. Immerhin haben mich meine Anteile an AT&T einige Jahre begleitet. Zudem erhielt ich all die Jahre jedes Quartal eine schöne Dividende.

Klar war es mir nicht immer wohl, wenn ich von den jeweiligen Management-Entscheidungen erfuhr, aber auch hier war ich zu naiv und wohl nicht konsequent genug, um die Aktien zu verkaufen. Die hohe Dividendenrendite und die soliden Leistungen in der Vergangenheit waren für mich ebenfalls ein Blender.

Warum ich nun zu einem Zeitpunkt verkauft habe, an welchem sich grundsätzlich vieles in die richtige Richtung bewegt? Aus meiner Warte ist die Firma aktuell in besseren Bahnen unterwegs, aber gleichzeitig gehe ich davon aus, dass es noch mindestens 4-5 Jahre dauern wird, bis AT&T wieder ansehnliche Gewinne erzielen kann und dann entsprechend auch die Dividenden erhöhen wird. Bis es soweit ist, wird es mit grosser Wahrscheinlichkeit keine klare Richtung der Kursentwicklung und vor allem keine Dividendenerhöhung geben. Im Gegenteil steht sogar die momentane Ausschüttungsquote auf dem Prüfstand. Zudem ist es zum jetzigen Zeitpunkt sehr ungewiss, ob die Fokussierung auf das Kerngeschäft die gewünschten Effekte erzielen wird, da das Geschäft keine hohen Margen aufweist, sehr Kapitalintensiv und umkämpft ist, was schliesslich einen negativen Einfluss auf die Profitabilität haben wird.

Für mich gibt es zurzeit viele und vor allem rentablere Möglichkeiten für mein Geld.

Was ich durch mein Engagement in AT&T gelernt habe

Lass dich nicht von einer hohen Dividendenrendite und dem Dividenden-Aristokraten-Status blenden. Grosse, ikonische Namen garantieren keine grossen Renditen. Vertraue auf dich selbst, wenn du ein unwohles Gefühlt hast, dann ist es vielleicht besser auszusteigen. Baue keine emotionale Bindung zu deinen Aktien auf. Es geht nur darum, eine schöne Rendite zu erzielen, nicht darum einem risikofreudigen Management die geschäftlichen Abenteuer zu finanzieren. Mit einem kostengünstigen ETF, welcher den S&P 500 abbildet, wäre ich die letzten 7 Jahre um einiges besser gefahren als mit den Aktien von AT&T und das sogar mit kleinerem Risiko.

Hier die um die (US-)Inflation bereinigte Rendite seit Februar 2004:

AT&T = minus 1,5%

S&P 500 = 205%

Als Investor geht es mir nicht nur darum, Geld für mich arbeiten zu lassen und eine schöne Rendite zu erzielen. Es geht für mich auch darum, Fehler zu begehen und aus ihnen zu lernen und als Person wie auch als Investor wachsen zu können. Ich möchte mit der Zeit immer besser werden und somit auch dir helfen, damit du deine finanzielle Zukunft selber in die Hand nimmst.